Keine Zahnschmerzen mehr

Es war im im November des Jahres 1999 als ich und meine Frau zu einer Hochzeitsfeier von Verwandten nach Florida fliegen wollten.

Zahnschmerzen sind nie eine erfreuliche Angelegenheit, aber wenn man sich unmittelbar vor dem Beginn einer langen Flugreise überfallartig starke Schmerzen zusammen mit einem heftigen Tuckern der entzündeten Nerven zuzieht, dann kann man schon ins Grübeln kommen. Wie soll ich den Flug überstehen? Wie hoch sind die Zahnarztkosten in den USA? Wie bin ich versichert? Werde ich unter dem Einfluss der Schmerztabletten überhaupt die Reise richtig genießen können? Fragen über Fragen, die mir plötzlich durch den Kopf schossen. Wahrscheinlich spielte aber die zu starken Übertreibungen neigende männliche Phantasie beim Schmerzempfinden eine nicht unerhebliche Rolle für meine Panikattacken.

Was also tun? Die Reise absagen, kam auf keinen Fall in Frage, lieber wollte ich mit übermenschlicher Kraft drei Wochen lang die unerträglichen Schmerzen heroisch über mich ergehen lassen.

Zum Glück habe ich eine nicht nur liebevolle, sondern pragmatisch denkende und handelnde Frau. Sie kam auf die rettende Idee, unseren Zahnarzt des Vertrauens, Dr. Marcel Tacke, anzurufen, dem wir schon jahrelang unsere kostbaren Esswerkzeuge bedenkenlos anvertrauten. Leichtsinnigerweise hatte er mir in einem sentimentalen Anflug von Leichtsinn oder Mitleid (oder beides) seine privaten Kommunikationsdaten mitgeteilt. Was er wahrscheinlich in diesen späten Stunden, die er zusammen mit seiner Frau vor dem Fernseher gemütlich verbringen wollte, auf das tiefste bereute. Aber Dr. Tacke ist nicht nur ein exzellenter Dentist, er ist auch ein Mensch von höchster sozialen Kompetenz und Hilfsbereitschaft. Ich brauchte ihn nicht mit einer Silbe an den Eid des Hippokrates erinnern, denn er unterbrach mein erbärmliches Klagen und Wimmern mit der strikten Anweisung, mich schnellstmöglich ins Auto zu setzen, ich wüsste ja den Weg zu seiner Praxis. Es war dann schließlich 22:30 Uhr als ich einerseits erleichtert, aber andererseits ängstlich (bin ja ein Mann) in der Praxis eintraf. Mit dentaler Zauberhand schaffte er die wundersame Metamorphose eines armseligen Häufchen Elends in einen froh gestimmten und erwartungsfrohen Weltreisenden. Als ich mit unendlichen Dankesbezeigungen und gestammelten „das werde ich ihnen nie vergessen“ glücklich die Praxisräume verließ, war bereits schon der Reisetag angebrochen.

Bester Laune, das Radio voll aufdrehend, fuhr ich beschwingt Richtung Neckartal und Heimat. Beim Karlstor sah ich schon von weitem Blaulicht aufflackern, Ein Unfall? Nein, die Polizei machte eine Verkehrs- und Alkoholkontrolle. Kein Wunder, zu dieser nächtlichen Stunde.

Immer noch in Hochstimmung, aber auf angepasstes Tempo achtend, lenkte ich mein Gefährt in Richtung der mit blinkenden Kellen bewaffneten Beamten. Nach den üblichen Routinefragen wollte der freundlich, aber bestimmt blickende Staatsdiener wissen, wo ich denn zu dieser nachtschlafenden Zeit an einem Werktag herkäme. Wahrheitsgemäß antwortete ich lapidar: „Vom Zahnarzt“. Den Blick des Beamten werde ich wohl nie mehr vergessen, denn die für einen Zahnarztbesuch ziemlich unpassende Zeit und mein durch die Behandlung leicht nach Alkohol riechender Mundgeruch, hatten den Staatsdiener mehr als nachdenklich und misstrauisch machen lassen.
Aber schließlich nach einigen sachkundig durchgeführten Untersuchungen wünschte mir die gesamte versammelte Polizeischaft einen guten Flug und viele Grüße unbekannter Weise an das Brautpaar.

Ich war endlich wieder mit mir und der Welt im Einklang. Was will man mitten in der Nacht im romantisch vom Vollmond angestrahlten Neckartal mehr? Ein wunderbarer Samariter namens Dr. Tacke, freundliche Polizisten, die einen guten Flug wünschten und mir nicht den Führerschein abnehmen wollten, eine Hochzeitsfeier am Strand von Florida vor Augen …und keine Zahnschmerzen mehr!

Wie schön kann doch das Leben sein.

 

Dr. Marcus Tacke, mein nächtlicher Retter

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