Weniger wäre mehr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn galt einen geraumen Zeitraum lang als der große Hoffnungsträger der Union. Sogar als aussichtsreicher Kanzlerkandidat wurde er in der Parteienlandschaft und in den Medien gehandelt.
Aber das Wohlwollen wandelte sich schnell, die Vorschlusslorbeeren waren bald verwelkt und die Art und Weise wie er die Pandemie zu bekämpfen versuchte, wurde immer kritischer gesehen. Einer der Hauptgründe für seinen Absturz im Politikbarometer waren die zum Teil vorschnellen Versprechungen, die er fast nie einhalten konnte. Hier einige Beispiele:

Masken
Anfang Dezember hätte die Ausgabe von FFP2-Masken durch Apotheken an Risikopatientinnen und -patienten starten sollen. Spahn musste den Start der Schutzmasken-Ausgabe bis weit in den Dezember nach hinten schieben, weil Details zur Umsetzung noch in einer Rechtsver-ordnung erarbeitet werden mussten.
Manche Apothekerinnen und Apotheker mussten Kunden nach Hause schicken, die bestellten Masken waren nicht alle angekommen. Auch den zugesagten Preis von sechs Euro pro Maske konnte Spahn nicht einhalten. Per Verordnung änderte er den Preis, den Apotheken auf Staatskosten abrechnen dürfen.

Hausärztinnen und Hausärzte
Die Hausärztinnen und Hausärzte sollten ab Anfang April in die Impfkampagne miteinbezogen werden und dann auch zeitnah große Mengen an Impfstoffen bekommen. So hatte es Spahn nach dem Treffen von Bund und Ländern Mitte März angekündigt. Inzwischen wird in den Hausarztpraxen fleißig geimpft – allerdings erst seit Mitte April. Zudem laufen die Impfstofflieferungen noch nicht reibungslos und Praxen klagen über zu wenig Impfstoff und unzuverlässige Lieferungen.

Software „Sormas“
Um die Corona-Kontaktverfolgung zu erleichtern, wollte Spahns Ministerium die Pandemie-Software „Sormas“ flächendeckend bei den Gesundheitsämtern einsetzen. Die aktuelle Bilanz ist aber ernüchternd: 290 von 400 Gesundheitsämtern haben zwar die Software installiert – aber nur 90 nutzen sie wirklich.

Impfangebot für alle?
Noch Anfang des Jahres hatte der Minister in einer Fraktionssitzung in Aussicht gestellt, im zweiten Quartal würden alle Willigen ein Impfangebot bekommen. So schnell wie angekündigt wird es aber mit dem Impfangebot für alle nichts werden. Neue Zielmarke ist seid neustem der 7. Juni – auch für Kinder über 12 Jahren. Vorausgesetzt die Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) erteilt ihre Zustimmung und … es ist genug Impfstoff vorhanden.

Fazit
Natürlich war Spahn nicht alleine schuld, dass seine Versprechen und Ankündigungen nicht eingehalten wurden, aber es erhebt sich die Frage, warum er immer wieder mit Behauptungen vorgeprescht ist, die in Wirklichkeit nur vage Absichtserklärungen waren. Er trug mit seinen vorschnellen Aktionen beträchtlich dazu bei, dass die Verunsicherung in der Bevölkerung wuchs und das Vertrauen in die Politik immer mehr schwand.
Es ist nicht auszuschließen, dass die bevorstehende Bundestagswahl eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Nicht nur Spahn versucht sich „auf Teufel komm raus“ zu profilieren. Da ist er leider nicht der Einzige in der Politik, der die Pandemie benutzt, um sich ins rechte Licht zu rücken.

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