Mein Vater hat mich gelehrt, dass jedes Ding, jede Meinung, jede These zwei Seiten hat. Er war der Meinung, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt, sondern dass die Welt zum größten Teil aus Grautönen besteht.
Daran muss ich immer denken, sobald ich mich mit der Asylantenfrage und -debatte beschäftige.
Bestes oder schlechtestes Beispiel ist die Bemerkung des CDU-Vorsitzender Friedrich Merz in einer Talkrunde bezüglich Asylanten und „Zahnarztbesuchen“. Die Aussagen erscheinen populistisch, überzogen und teilweise zynisch.
Die eine Seite: Selbstverständlich muss eine (noch) reiche Industrienation wie Deutschland aus humanitären Gründen Flüchtlinge aufnehmen und versuchen diese nach eingehenden und objektiven Prüfungsverfahren zu integrieren.
Die andere Seite: Man muss auch Unverständnis und Bedenken von Menschen verstehen, die beispielsweise 45 Jahre in die gesetzliche Krankenversicherung einbezahlt haben und nun feststellen, dass Asylanten und Flüchtlingen exakt die gleichen Konditionen erhalten wie sie.
Herr Merz hat unbewusst, aber doch eher bewusst, den „Nerv“ des sogenannten Volksempfindens getroffen – jedenfalls den eines großen Teils. Man muss sich von dem Gedanken verabschieden, Flüchtlinge „endlos“ aufzunehmen, zumal die Sorgen und Ängste der Menschen in diesen Tagen durch steigende Preise und Krisen immer mehr zunehmen.
Pamphlete wie die von Merz helfen da nicht weiter, genau so wenig wie das Zögern und die Zerstrittenheit bei der Asylblockade der EU.
