Namen sind Schall und Rauch

Heute vor 81 Jahren erblickte ich im Kreiskrankenhaus Wernigerode/Harz um 05:35 Uhr das Licht der Welt.
Meine Eltern wohnten in den 30gern und 40gern in Berlin auf dem Kurfürstendamm.
Das Haus wurde bei einem der furchtbaren Fliegerangriffen und verheerenden Brände vollständig zerstört. Sie mussten notgedrungen die Stadt verlassen und kamen dann glücklicherweise bei meiner Oma mütterlicherseits in Magdeburg unter.
1943 wurde meine Mutter schwanger.

Da nun aber auch Magdeburg von heftigen Fliegerangriffen heimgesucht wurde, beschloss mein Vater, dass meine Mutter in Sicherheit gebracht werden sollte und zwar im Kreiskrankenhaus Wernigerode im Harz. Mein Vater war kriegsbedingt unabkömmlich und er bat deshalb einen sehr guten Freund, der als einer der wenigen Menschen zu dieser Zeit stolzer Besitzer eines Automobils war, meine Mutter in den Harz zu fahren. Man muss wissen, dass sein Freund gerade nach der Amputation eines Beines und eines Armes aus dem Lazarett entlassen wurde. Er lenkte also die wertvolle Fracht mit zwei gesunden Gliedmaßen, aber einem Holzbein sowie einem Armstumpf und fuhr ohne Erlaubnis Magdeburg zu verlassen zu dürfen, wie der Teufel durch Straßensperren und Bombenhagel, bis er uns heil in der Klinik abliefern konnte. Dieser tapfere Mensch, den ich später auch kennenlernen durfte und sehr schätzte, hieß Ralph.

Aus Dankbarkeit wollte mein Vater mich spontan auf den Namen „Ralph“ taufen lassen. Aber dann kamen ihm leichte Bedenken und er mutmaßte, dass bei „Ralph Fischer“ zwei zischende „f-Laute“ disharmonisch aufeinander treffen würden. Mein Vater war ein sehr musikalischer und musischer Mensch. Er nahm einfach irgendwo aus dem unendlichen Reservoir der peinlichen Doppelnamen ein „Peter“ als Zischpuffer zwischen Vor- und Nachnamen.

Und so kam es zur Peinlichkeit „Ralph-Peter“, mit der ich schon mein ganzes Leben auf Kriegsfuß stehe. Ich liebte meinen Vater sehr, aber diese misslungene Namensgebung habe ich ihm heute noch nicht verziehen.

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