Weiße Fahne

RNZ Nr. 59 / 11. März 2024 / HINTERGRUND
„Schämen sie sich nicht, zu verhandeln“

Wurde von RNZ am 16. März 2024 nicht als Leserbrief veröffentlicht

 

Mal wieder ein Musterbeispiel dafür, wie Journalisten ihrem Interviewpartner auf raffinierte Art und Weise dazu verleiten, gewisse Reizwörter in den Mund zu nehmen.

Der Moderator einer Kultursendung des Schweizer Fernsehens , die sich hauptsächlich mit der Farbe Weiß beschäftigte, stellte Papst Franziskus die Frage, ob nicht in manchen Situationen nötig sei, die weiße Fahne zu hissen(ein Sinnbild der Unterwerfung)? Der Papst übernahm in seiner Antwort auch gleich den Begriff „weiße Fahne“und schon hatten einige Boulevardblätter die weiße Fahne in großen Buchstaben auf den Titelseiten „gehisst“ , so als ob der Papst von sich aus dieses Wortspiel angestoßen hätte.

Allerdings ließ er auch verlauten, dass man, wenn man besiegt ist, den Mut haben müsse, zu verhandeln. Ohne die Ukraine explizit zu erwähnen, wird diese Wortwahl als Aufforderung an die Ukraine aufgefasst, einseitige Friedensverhandlungen zu führen.

Was der Papst (oder seine Berater) nicht bedachten, ist die Tatsache, dass Putin keine Verhandlungen, sondern die totale Unterwerfung der Ukraine anstrebt.

Die Situation stellt sich ungefähr so dar, als ob man in eine Schlangengrube gefallen sei und mit den Schlangen langwierige Verhandlungen führe, sich bitte liebenswerter Weise übereinander zu legen, damit man auf ihnen, als lebende „Treppe“, unversehrt aus der Grube klettern könne. Den Schlangen in der Grube und der schwarzen Mamba im Kreml würden dieser Vorschlag nur ein müdes Lächeln entlocken.

Das ging aber ganz schön ins Auge!

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