In der „guten alten Zeit“ bekam man in den Weihnachtfeiertagen noch Rezepte in die Hand gedrückt, wie der Weihnachtsbraten bestens gelingt, mit welchen originellen Geschenken man die Liebsten zu überraschen vermag oder welche stimmungsvollen Lieder von der versammelten Familie gemeinsam vor der Bescherung angestimmt werden können.
Dagegen bekommen wir in unserer ach so fortschrittlichen Neuzeit ganze Handbücher mit dem Thema „Streiten ohne zu verletzen – Tipps für die Weihnachtsfeiertage“ von einem Heer von notorischen Ratgebern in die Hand gedrückt.
Warum vermehren sich Vorwürfe, Streit und Eskalation an diesen doch eigentlich besinnlichen Tagen immer mehr? Zum einen gibt es die sogenannte Großfamilie, bei der mindestens drei Generationen unter einem Dach lebten, so gut wie gar nicht mehr. Bei dieser Konstellation war man geradezu gezwungen, Tag für Tag aufeinander Rücksicht zu nehmen.
Zum anderen kommen in der jetzigen Zeit die einzelnen in aller Welt verstreuten Familienzweige meistens nur zu Hochzeiten, Beerdigungen und eben dem Fest aller Feste, Weihnachten, zusammen. Das ungewohnte „Aufeinanderhocken“ lässt gewollt oder ungewollt Aggressionen und Ressentiments frei, die schon das ganze Jahr aufgestaut waren. Erschwerend kommt noch hinzu, dass in unserer Ellenbogengesellschaft nur noch die eigene Meinung zählt und Toleranz, Empathie, Respekt immer mehr zu Fremdwörtern mutieren. Eine kontroverse Diskussion (nicht Streit mit Anklage und Rechtfertigung), in der sachlich Argumente ausgetauscht werden, ist fast nicht mehr möglich, zumal uns auch noch die Politik tagtäglich mit schlechtem Beispiel vorangeht.
