Wie der Vater, so der Sohn

Wie im richtigen Leben. Die einen rackern bis zum Umfallen, hasten von einem Termin zum anderen, schmeißen dann aber mit dem Hintern das um, was andere mühsam aufgebaut haben. Zu hoch ist die Anzahl der Fehler und Pannen, geschuldet aus einer Mischung von Hektik und Inkompetenz.

Die anderen lassen es „ruhig angehen“, reden stetig über den unmenschlichen Druck, dem sie ausgesetzt seien und verstehen es meisterhaft, heiklen Aktionen und Aufgaben aus dem Weg zu gehen. Sie werden dann auch noch für die sensationell geringe Fehlerquote über den Klee gelobt.

Wieso denke ich jetzt an Olaf Scholz?!? Richtig, die zweitgenannte Strategie könnte aus dem Wahlbüro des Finanzministers stammen. Bei ihm kommt noch hinzu, dass er so blass und durchsichtig wirkt, dass man ihn fast schon gar nicht mehr wahrnimmt. Selbst seine „Vergesslichkeit“ bei der Wirecard-Affäre scheint auf geheimnisvolle Art und Weise immer mehr zu verblassen.
Scholz gehört zu der Gattung Mensch, bei der man sich bei Klassentreffen fragt, ob er überhaupt in der gleichen Klasse gewesen sei und der in der Tanzschule unbemerkt als Mauerblümchen einsam in der Ecke saß.

Aber während sich nach meiner Meinung die anfangs erwähnte erste Gruppe wie der berühmte Elefant im Porzellanladen benimmt und jede Menge Kredit verspielt, erscheint mir der spröde Hanseat immer noch das kleinere Übel zu sein – jedoch meilenweit von einem charismatischen Wunschkandidaten entfernt.

Wie sagte mein Vater immer vor einer bedeutenden Wahl, obwohl er sich fürchterlich über die „unfähigen Genossen“ echauffierte: „Sch…, trotzdem SPD!“

Wie de Vater, so der Sohn.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Sabine Fischer

    In der Tat wäre es sehr schön, einen „charismatischen Wunschkandidaten“ zu haben, aber wir sind nun mal in Deutschland und leider (oder besser gesagt, zum Glück) nicht in den USA (bis vor einem Jahr), Russland, Brasilien oder der Türkei, wo die Politik von eitlen, kläffenden Ego-Männern der ersten Kategorie geprägt sind. Wenn ich mir diese Gattung Mensch anschaue, weiß ich nicht, ob wir mit der besonnenen, abwartenden, „alles aussitzenden“ Merkel nicht besser dran waren? Ob man Scholz mit Merkel vergleichen kann, sei dahingestellt… aber eventuell ist er dann wohl doch das kleinere Übel. Und: Wie der Vater, so die Tochter.

    1. Birgit und Michael Cromer

      Heute war meine Tante bei uns.
      Sie meinte in der Reife ihrer Jahre, trotz aller Fehler, Merkel hinterlässt eine nicht schließbare Lücke.
      Wo sind die geblieben, die was drauf haben? In der Wirtschaft.
      Stimmt. Sie hat’s genau getroffen.
      Bleibt also die Frage: gibt’s zu Scholz wirklich eine Alternative?
      Na, siehst Du. Selbstredend.

  2. Angela Poremba

    Man wählt ja angeblich nicht die Person, die für die jeweilige Partei in den Wahlkampf zieht. So gesehen fällt mir nichts zu Herrn Laschet ein und das Wenige zu Herrn Scholz wird getrübt von nicht glaubhafter Wirecard-Vergesslichkeit und, für mich als Hamburgerin besonders schwerwiegend und sympathiefressend, die offenbar vom damals ersten Mann der Stadt nicht vorhersehbaren Krawalle zum G20-Gipfel.
    Auch wenn die CDU nie meine Partei war, habe ich die besonnene Art von Frau Merkel sehr geschätzt und 2015 auch ihre ebenso mutige wie menschliche Entscheidung, Flüchtlinge ins Land zu lassen . Insofern stimme ich der Meinung zu, dass die Kanzlerin eine große Lücke hinterlassen wird. Und dies ganz ohne Charisma.
    Um meine Farbe zu bekennen: sie ist grün, auch wenn die Ideen gelegentlich die Realität außer Acht lassen und visionär sind. Doch die furchterregenden Probleme, vom Klimawandel bis zu den Flüchtlingsbewegungen, zeigen, meiner Meinung nach, dass es so nicht weitergehen kann. Also wähle ich die grüne Partei, die für Veränderung steht, auch wenn’s wehtut.

  3. MIchael Rappe

    Besonnenheit hieß bei Frau Merkel in erster Linie immer „Nichtstun“. Ihre Bilanz nach 16 Jahren ist (innenpolitisch) verheerend. Unter ihrer Kanzlerschaft ist Deutschland in vielen Bereichen zum Abstiegskandidaten geworden, um es in der Sportsprache auszudrücken. Rente, Steuern, Mieten – nichts vorangebracht. Das ist nicht ihre Schuld allein, die Liste unfähiger Minister:innen ist endlos – quer durch die Parteien. Dieses Land braucht Leute die anpacken, nicht aussitzen. Ihre Entscheidung von 2015 ist historisch falsch, denn sie hat das Aufkommen der AfD forciert. Das war nicht menschlich und nicht mutig, es war einfach falsch. Deshalb haben wir jetzt die schwierigen Mehrheitsverhältnisse. Merkel wird auch keine große Lücke hinterlassen, allenfalls in ihrer eigenen Partei, wo sie alle Konkurrenten mit ihrer Machtgier ausgeschaltet hat. Veränderungen sind mit einer CDU-Regierung nicht möglich. Ja, grün wählen ist für Veränderungen sicherlich richtig, aber diese Kanzlerkandidatin geht eben auch nicht. Und da sind wir beim viel zitierten „geringeren Übel“: Olaf Scholz. So farblos sehe ich ihn zwar nicht, aber er ist auch kein rundum überzeugender Kandidat. Charismatische Kandidat:innen oder Leute, die anpacken und im Wohle des Volkes handeln – die sind weit und breit nicht in Sicht. Und ich fürchte, bei den derzeitigen Prognosen wird eine Regierungsbildung wieder sehr lange dauern. Und am Ende kommt vielleicht etwas heraus, was keiner so richtig gewollt hat.

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