Jens Lehmann, Ex-Fußballnationalspieler schickt versehentlich an Dennis Aoga, ebenfalls Ex-Fußballnationalspieler, eine Mail, in der er ihn als Quoten-Schwarzen bezeichnet.
Fritz Keller, Präsident des Deutschen Fußballbundes vergleicht seinen Vize Rainer Koch mit Roland Freisler, dem grausamsten und verbrecherischsten Strafrichter des nationalsozial-istischen Deutschlands.
Boris Palmer, Bürgermeister von Tübingen will angeblich Aogo in Schutz nehmen und stellt ein rassistisches und sexistisches Zitat ins Netz, von dem kein Mensch weiß, ob es dieses überhaupt gab.
So weit, so schlecht. Als ob es nicht alles schlimm genug sei, beginnt nun auch noch eine „Entschuldigungs-Schlammschlacht“. Wie es sich für eitle und profilierungssüchtige Zeitgenossen ziemt, findet dies natürlich in der Öffentlichkeit, sprich in den sozialen Medien, statt.
Lehmann entschuldigt sich bei Aoga mit einer fadenscheinigen Begründung, Aogo nimmt die Entschuldigung mit einem einschränkenden „aber“ an. Aogo wiederum entschuldigt sich für seine Bemerkung „Trainieren bis zum Vergasen“, die er als TV-Experte von sich gab. Keller entschuldigte sich in einem wahren Entschuldigungs-Marathon bei Koch und „Gott und der Welt“. Koch nahm die Entschuldigung nicht an, obwohl Keller zwei Mal fälschlich behauptete, er habe die Entschuldigung akzeptiert. Palmer denkt gar nicht daran, sich zu entschuldigen.
Je weitere Kreise das Chaos zog, um so nachdenklicher wurde ich und begann mich mit diesem leidigen Thema und der Bedeutung einer Entschuldigung intensiv zu beschäftigen. Ich finde schon den Satz „ich entschuldige mich“ inhaltlich völlig falsch. Man kann sich doch nicht selbst „ent – schuldigen“, also von der Schuld freisprechen. Man kann höchstens um Entschuldigung bitten und hoffen, dass der Verunglimpfte einem verzeiht. Es scheint sich inzwischen eingebürgert zu haben, dass es eine Selbstverständlichkeit, ja geradezu eine Pflicht sei, eine Entschuldigung annehmen zu müssen. Aber es gibt Verleumdungen und Beleidigungen (siehe das ungeheuerliche „Freisler-Zitat“), die kann und soll man nicht verzeihen. Da hat Rainer Koch mein vollstes Verständnis. Auch kommt mir manche Entschuldigung geplant und berechnend vor. So wie der Angeklagte mit einem Geständnis und einem Bedauern vor Gericht auf ein geringeres Strafmaß hoffen kann.
Ich bin der Meinung, dass jeder Geschädigte das gute Recht hat, sowohl eine noch so gut gemeinte als auch eine heuchlerische Entschuldigung abzulehnen.
